Freilichtspiele Tecklenburg: Les Misérables

Am 22.06.2018 kam der Musical-Welterfolg „Les Misérables“ in Tecklenburg zur Premiere. Zusehen ist das Stück in der original deutschen Fassung von Claude-Michel Schönberg und Alain Boublil. (Deutsche Übersetzung: Heinz Rudolf Kunze) Die Zuschauer erwartet somit ein ca. dreistündiger fulminanter Musical Abend.  

 

(c) Holger Bulk
(c) Holger Bulk

Die Handlung basiert auf dem Roman „Die Elenden“ von Victor Hugo. Es beginnt 1815 als der Sträfling Jean Valjean (Patrick Stanke) nach 19 Jahren vom Polizeiinspektor, Javert (Kevin Tarte) aus dem Zuchthaus entlassen wird. Es folgt ein Zeitsprung und das Stück nimmt seinen Lauf 1823. Jean Valjean lebt unter falschen Namen und ist Bürgermeister der Stadt. Als solcher kommt er in Kontakt mit Fantine (Milica Jovanovic). Fantine hat eine uneheliche Tochter, Cosette (Daniela Braun), welche bei den Thénardiers (Jens Janke und Bettina Meske) aufwächst. Fantine muss für ihr Kind Geld an die Thénardiers bezahlen, für ärztliche Behandlungen. Als sie ihren Job verliert und ihren Schmuck und ihr Haar verkauft, bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich zu prostituieren. Einer ihrer Freier zeigt sie an, als sie sich wehrt, und behauptet, dass sie ihn angegriffen hätte. Javert, der nun Inspektor in dem Ort ist, lässt Fantine verhaften. Doch Valjean greift ein und lässt sie in ein Krankenhaus bringen, da sie schwer krank ist. Im weiteren Verlauf gibt sich Valjean Javert zu erkennen, welcher ihn von diesem Zeitpunkt an verhaften will. Fantine stirbt im Krankenhaus an den Folgen ihrer Krankheit. Valjean verspricht Fantine am Sterbebett sich um ihrer Tochter zu kümmern und kauft Cosette frei und zieht sie groß. Er blüht auf in der Rolle des Vaters und will Cosette um jeden Preis beschützen. Javert ist allerdings weiterhin davon besessen Valjean zu verhaften. Die Jahre vergehen und die Auseinandersetzung zwischen den beiden Herren findet schließlich vor dem Hintergrund der Revolution 1832 in Paris ihren Höhepunkt.

(c) Stephan Drewianka
(c) Stephan Drewianka

Patrick Stanke gibt einen Spitzen Jean Valjean. Mit seiner Stimme transportiert er ausdrucksstark die verschiedensten Emotionen, sodass auch die letzte Reihe sich sehr gut in die Rolle hineinversetzten kann, auch ohne die Mimik genau zu erkennen. Daher war es kein Wunder, dass er nach dem Lied „Bring ihn Heim“ vereinzelnd Standing Ovation bekam. Das Zusammenspiel mit Kevin Tarte ist gezeichnet von einer tiefen Harmonie. So ist das Lied „Fantines´s Tod“ ein wahres musikalisches Highlight.

(c) Stephan Drewianka
(c) Stephan Drewianka

Kevin Tarte überzeugt als Javert mit seiner unglaublich starken Bühnenpräsenz. Seine Interpretation von „Stern“ kann dem ein oder anderem im Publikum schon mal kurzzeitig den Atem rauben.

Milica Jovanociv überzeugt besonders durch ihr ausdrucksstarkes Schauspiel. Ihre Stimme verleiht dem „Epilog“ etwas einzigartig schönes.

Lasarah Sattler zeigt eine sehr starke und entschlossene Eponine und kann mit ihrem Solo „Nur für mich“ das Publikum in ihre Welt ziehen.

Daniela Braun spielt die Cosette mit einer angenehmen Leichtigkeit. Ihre Stimme passt zwar nicht ganz ins typische Musicalbild, aber dies ist auch ein Stück weit der Rolle verschuldet. Dennoch kann sie im Duett mit Florian Peters (Marius) stark punkten.

Florian Peters verkörpert den Marius. Er kann stimmlich besonders bei dem Lied „Dunkles Schweigen an den Tischen“ punkten und stellt die Wandlung vom verliebten Studenten über den einzig Überlebenden Studenten im Barrikarden Krieg bis hin zum Ehemann super dar.

David Jakobs verkörpert den Enjolras und glänzt dabei auf allen Ebenen, vor allem durch seine sehr klare und starke Stimme, auch in den Höhen.

Die Thénardiers (Jens Janke und Bettina Meske) geben die perfekt amüsanten Gasthausbesitzer. Stimmlich und spielerisch sind beide immer auf dem Punkt und sorgen stets für die eher heiteren Momente in diesem Stück.

Mein besondere Respekt gilt jedoch den drei Kinderdarsteller, die im Laufe des Stückes auftreten. Besonderes der kleine Junge bringt wohl jedes Zuschauerherz zum schmelzen.

(c) Holger Bulk
(c) Holger Bulk

Die Choreografien von Kati Heidebrecht vereinen immer mal wieder das komplette Ensemble und den großen Chor. Dadurch machte sie die Szene „Herr im Haus“ zu meinem absoluten Lieblingsmoment.  Auch Regisseur Ulrich Wiggers wusste den Chor gekonnt einzusetzen, sodass dieser niemals unbeteiligt dort war. Er kreierte in Tecklenburg eine wundervolle und emotionale Inszenierung mit ca. 100 Darstellern auf der Bühne. All diese Darstellern erscheinen zu jedem Zeitpunkt als eine Einheit mit einer spürbaren gemeinsamen Leidenschaft für die Bühne.

(c) Stephan Drewianka
(c) Stephan Drewianka

Jeder der schon einmal zu Gast bei den Freilichtspielen Tecklenburg war, wird mir beipflichten, dass die Kulisse ohnehin schon passend für das Stück ist. Susanne Buller (Bühne) und Karin Alberti (Kostüm) setzten dem ganzen noch ein i-Tüpfelchen auf. So ist es für die Augen schon ein Highlight wenn die Barrikaden zum Einsatz kommen.

Lasst euch dieses einmalige Bühnenereignis in Tecklenburg nicht entgehen.

 

Stay Wicked

Eure Pia