Interview: Abla Alaoui

Abla Alaoui absolvierte ihre Ausbildung als Stipendiatin an der Joop van den Ende Academy in Hamburg. Noch vor ihrem Abschluss übernahm sie die Rolle der Mary Robert in SISTER ACT. Seitdem war sie in zahlreichen weiteren Rollen zusehen wie u.a. bei TANZ DER VAMPIRE. Zuletzt konnte man sie bei der MAMMA MIA Tour erleben. 

Copyright: Abla Alaoui
Copyright: Abla Alaoui

MF: Wenn du für einen Tag jemand anders sein könntest, wer wäre das?

Abla: Mh… schwierige Frage! Eigentlich mag ich es ganz gern Ich zu sein. Es ist manchmal schon schwer genug mit dem eigenen Leben klar zu kommen, wie schwierig wäre es dann einen Tag in dem Körper eines anderen Menschen zu verbringen! Wir

vergessen nämlich ziemlich oft, dass die auch Sorgen und Schmerzen haben, sich

mit Konflikten und Problemen auseinandersetzen müssen. Ich versuche irgendwie jeden Tag dankbar zu sein, dass ich Ich bin. (Was eher ein lebenslanger Weg ist

als ein erreichbares Ziel.) Falls ich mich dennoch entscheiden müsste, würde ich gern in den Körper eines gewissen Politikers schlüpfen. Aber bevor ich versuchen würde die vielen unmöglichen Gesetze und Taten wieder rückgängig zu

machen, würde ich mir erst mal so richtig fest ins Gesicht hauen! (… mindestens

so fest, dass das Toupet vom Kopf fällt.)

MF: Hast du ein Lieblingsmusical?

Abla: Ich habe nicht wirklich ein Lieblingsmusical. Das könnte daran liegen, dass man als Darsteller sehr offen ist, viele tolle Stücke kennt und in sich auch den Drang

verspürt, so viel Repertoire wie möglich zu sammeln. Ich finde zum Beispiel DAS

WUNDER VON BERN unglaublich realitätsnah inszeniert und berührend. HAMILTON ist absolut genial und intelligent geschrieben. SISTER ACT lässt jeden mit einem

Lächeln aus dem Theater gehen. DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME ist aufwühlend und mit zauberhafter Musik. FRÜHLINGSERWACHEN ist absolut ehrlich und mit großer Message. WICKED mit grandioser Musik und umwerfenden Kostümen. Und so könnte ich stundenlang weiter machen.

MF: Welche Musik hörst du privat?

Abla: Das kommt immer ganz auf meine Stimmung an. Meistens bevorzuge ich entspannte, intime Klänge von Sängern wie SLEEPING AT LAST, SARA BAREILLES, MADISON RYANN WARD und JOHN MAYER. Unglaublich gut zur Ruhe komme ich auch mit Jazz und Blues. Wenn es ein wenig mehr Beat sein darf, bleibe ich gern in der

Singer/Songwriter-Riege. Und wenn ich Energie aus Musik ziehen muss oder möchte, dann stürze ich mich gern in die 80ties, 90ties und frühen 2000er! Damit fängt meiner Meinung nach auch jede gute Party an!

MF: Was ist dein Lieblingsfilm?

Abla: Ich habe eine wenig Sorge langweilig zu klingen, aber auch da muss ich wie in der Frage über mein Lieblingsmusical eine eher wage Antwort geben. Ich war nie und bin kein Mensch von „Lieblings“-Dingen. Ich hatte nie eine Lieblingsband, die über alle anderen Bands stand, genauso könnte ich mich nie auch nur für ein Lieblingsbuch oder -essen entscheiden! So verhält es sich für mich auch mit Filmen. Es gibt wahnsinnig viele Filme, die mich entweder herzlich zum Lachen gebracht haben, wo ich Rotz und Wasser geheult oder mich hinter Kissen versteckt habe. Um doch einige zu nennen, die mir im Gedächtnis geblieben sind: INSIDE OUT - Super clever und charmant gemacht! INCEPTION - immer wieder beeindruckend. THE OTHERS - Ich weiß noch, wie sehr mich das Ende überrascht hat. HERR DER RINGE/HARRY POTTER - kann man sich immer und immer wieder ansehen. MÄNGELEXEMPLAR - wirklich gute, deutsche Psychotragikkomödie! PANS LABYRINTH - einmal gesehen. Alpträume. Nie wieder!!!!

MF: Welche deiner bisherigen Rollen hat dich am meisten geprägt und wodurch?

Abla: Ich denke, ich muss Mary Robert nennen. Sie hat mich einfach die meiste Zeit meiner beruflichen Karriere begleitet. Da SISTER ACT mein erstes Engagement war, habe ich mit ihr unglaublich viel in einem wahnsinnig tollen und geschützten Umfeld

gelernt. Ihre zurückhaltende aber aufmerksame Art, ihren Drang nach Selbstbestimmung und ihre emphatische Art zu denken versuche ich mir jeden Tag

anzueignen.

MF: Was ist das Peinlichste / Lustigste was dir auf der Bühne passiert ist?

Abla: Da gibt es so viele Geschichten zu erzählen! Über künstlerisch wertvolles Stolpern und auf dem Po landen, bis hin zu Text vergessen und nicht ganz so künstlerisch wertvollem Text erfinden habe ich schon einiges erlebt. Da passieren manchmal die herrlichsten Dinge! Erst letztens hatte meine Kollegin bei Mamma Mia einen Schluckauf als wir zur Szene der Hochzeit auf die Bühne gingen. Normalerweise

treten Schluckauf, Niesen und Co nicht oft mit uns auf die Bühne, aber sie ist ihn einfach nicht losgeworden. Wir mussten uns schon heftig das Lachen verkneifen als wir zu der Stelle der Szene gelangten, wo sowohl auf der Bühne, sowie von Seiten der Band kein Mucks zu hören war und alle auf die Antwort von Donna auf Sams Antrag warten. Ein Moment, wo man oft Stecknadeln fallen hören könnte. Nur diesmal nicht, denn meine Kollegin ließ in diesem absoluten Moment der Stille einen so lauten, filmreifen Hickser von sich, dass nicht nur wir auf der Bühne, sondern auch das Publikum in lautes Gelächter ausbrachen. Sie war so erschrocken, dass der Schluckauf danach verschwunden war. Daran werde ich mich (und auch sie) immer wieder gern erinnern!

MF: Du warst nun fast ein Jahr lang auf Tour mit dem Musical „Mamma Mia“. Was war dein schönster/emotionaler Moment in der Zeit?

Abla: Es gab viele schöne und emotionale Momente. Als mir zum ersten Mal mitten in der „Honey-Honey“ Szene mit Katharina und Livia auffiel, dass ich völlig vergessen

hatte, dass wir auf der Bühne und in unseren Rollen waren. Mir wurde das Herz ganz warm, als mir klar wurde, wie natürlich das Spiel mit ihnen war. Dieser Moment folgte noch viele Male. Schöne Momente, in denen man sieht, wie sich Kollegen mit der Zeit entwickeln und ihre Rollen immer mehr Facetten und Farben bekommen. Ein sehr schöner Moment für mich war auch immer als Sophie nach „Honey-Honey“ ganz vorn am Rand der Bühne zu stehen. Hinter mir wurden die Wände für die nächste Szene gedreht und meine Kollegen kamen langsam auf die griechische Bühne. Der bläuliche Schimmer hinter mir, der weiße Spot auf mir, die Zuschauer so nah und der Wahnsinns Gedanke: Ja, ich stehe gerade auf der Bühne. Ich darf tun was ich liebe. Für Menschen, die sehen was sie lieben. Und mit Menschen, die lieben was sie tun.

MF: Gab es einen Spielort, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist und wodurch?

Abla: Wir hatten in jedem unserer Standorte unsere Highlights! Meistens war das ein

tolles Café, Restaurant oder schöner Platz. Ganz besonders waren die vier Wochen im Juli in Linz - da hatten wir nämlich einen Pool in unserem Hotel! Wir sind aufgestanden, haben auf der Terrasse gefrühstückt und sind dann in den Pool gesprungen. Dort gab es die ein oder anderen Ballspiele und Wasserschlachten. Das war wirklich extrem cool! Dann sind wir in die Stadt und hatten eine riesige Auswahl an Eisdielen, Cafés und leckeren Restaurants! Und jeder, der mich schon ein wenig kennt, weiß wie sehr ich Eiscreme liebe! Allerdings muss ich wirklich noch mal betonen, dass es in jeder Stadt tolles zu entdecken gab. Ich bin sehr froh die Gelegenheit gehabt zu haben auf Tour neue Orte kennenzulernen.

MF: Hat sich durch die Produktion dein Bezug zu der Musik von ABBA geändert?

Abla: ABBA und ihre Songs sind mir nun unglaublich vertraut und wenn irgendwo ein ABBA Song auf der Tanzfläche gespielt wird, habe ich ab jetzt eine coole Choreo dazu

parat!

MF: Du hast zuvor in Wien bei „Tanz der Vampire“ mitgespielt. Was ist deine Lieblingsszene in dem beliebten Musical?

Abla: Sehr schwierig und auch hier kann ich mich nicht entscheiden. Jeder, der einmal ein Vampir war, weiß wieviel Spaß jede einzelne Szene machen kann! Es war wahnsinnig toll als Sarah die Szenenfolge „Du bist wirklich sehr nett“, „Draußen ist Freiheit“, „Rote Stiefel“ und „Gebet“ zu spielen. Darauf habe ich mich jedes Mal gefreut. Als Vampir hat sowohl „Ewigkeit“ als auch „Tanzsaal“ unglaublich viel Spaß gemacht. Und die Energie, die beim Finale vom Publikum zurückkam, war manchmal überwältigend! Einfach alles in allem eine Traumshow!

MF: Welche Rolle möchtest du gerne einmal spielen?

Abla: Ich würde wahnsinnig gern mal Anastasia spielen. Auch die Rolle der Lara in DR.

SCHIWAGO lacht mich an. Von Wendla aus FRÜHLINGSERWACHEN träume ich auch! Und es fallen mir noch sehr viel mehr Rollen ein…

MF: Welche Botschaft möchtest du den Lesern mit auf den Weg geben?

Abla: Es gibt so viele Botschaften, die ich den Lesern gern auf den Weg geben möchte. So viele, dass ich nicht weiß wo und wie ich anfangen könnte. Stattdessen sage ich an dieser Stelle einfach Mal: Danke. Die Musicalbranche kann nur durch Menschen leben, die Morgens, Mittags oder Abends in Vorstellungen jeder Art gehen - und das weltweit! Diese Menschen machen es mir möglich diesen Beruf auszuüben. Ich weiß, dass die Preise es vielen Zuschauern schwer machen Tickets zu kaufen. Umso mehr Wert hat es, wenn ich eine Familie im Zuschauerraum sehe, die wahrscheinlich hunderte von Euros in diesen Abend investiert haben muss. Mein Ziel ist es ihnen die bestmögliche Show zu bieten und ich hoffe, dass sich das Musicalbusiness durch diese Symbiose auch in Zukunft weiterentwickeln kann!

Vielen lieben dank für das großartige Interview!